Selenskyj mistet Geheimdienste aus

Ukraine von Doppelspionen unterwandert?

Derzeit gibt es viele Meldungen, dass der ukrainische Präsident Selenskyj viele Leute bei Behörden und nun beim Geheimdienst wegen „Kollaboration und Verrates“ entlässt. Eine Revision soll nun die Bude aufräumen.

Das erweckt den Eindruck, dass dort viele Menschen für Russland „spioniert“ haben.
Betrachtet man das genauer, ist das aber wohl eher nicht der Fall.

Die Ukraine hat wie Deutschland drei Geheimdienste.
Der zweitälteste ist der militärische Geheimdienst GUR (ГУР), der 1992 gegründet wurde. In Deutschland vergleichbar mit dem Militärischen Abschirmdienst MAD oder in den USA mit der NSA.
Dann gibt es den Auslandsnachrichtendient СЗР (SSR), die Nachfolgeorganisation des KGB. Der wurde erst 2004 gegründet. Vergleichbar mit dem deutschen BND oder der US-amerikanischen CIA.

Und dann gibt es den Inlandsnachrichtendienst SBU. Der wurde bereits 1991 gegründet und ist ebenfalls eine Nachfolgeorganisation des KGB. Der ist vergleichbar mit dem deutschen Verfassungsschutz oder Teilen des FBI.

In Deutschland ist das ziemlich getrennt. Der Verfassungsschutz ist ein „echter Geheimdienst“, der sich um die Spionage im Inland kümmert. Die Strafverfolgung und alles, was eher „normale“ Polizeiarbeit ist, macht das Bundeskriminalamt. Von denen kommt auch die Kriminalstatistik.

Das FBI macht das beides. Das wird beispielsweise zuständig, wenn es einen Entführungsfall gibt. Oder bei Serienmördern, die über mehrere Bundesstaaten Taten begehen. (Schweigen der Lämmer) Da ist dann oft das Problem, dass die örtlichen Polizeibehörden nicht übergreifend zusammenarbeiten und erst spät merken, wenn so etwas passiert.

Und genau so sind auch die Aufgaben des SBU. Der soll sich zwar einerseits um Inlands-„Spionage“ kümmern, andererseits aber auch so Sachen wie Tabakschmuggel, organisierte Kriminalität oder Korruption verfolgen.
Und da liegt wohl das jetzige Problem. Der SBU hat unter dem jetzt abgesetzten Leiter und Jugendfreund Selenskyjs Iwan Bakanov wohl überhaupt erst angefangen, sich intensiver um Nachrichtendienstliche Tätigkeiten zu kümmern.

Um es salopp zu formulieren – wir sind ja hier unter uns: die sind mit der Situation offenbar völlig überfordert.

Sowohl der nun geschasste als auch der neue Chef waren eigentlich für Korruption und Organisierte Kriminalität zuständig.
Zudem könnte ich mir vorstellen, dass ja ausländische Geheimdienste aus den USA, Großbritannien oder auch Deutschland da ständig Informationen liefern. Und die irgendwann gesagt haben „Na, so geht es aber nicht.“

Und so scheint es dazu zu kommen, dass beispielsweise russische Artilleriebeobachter nicht nur relativ ungestört herumlaufen können. Sondern ukrainische Sympathisanten Russlands auch Positionen der eigenen Artillerie verraten.

Ein Problem, das darüber hinausgeht: Russland versucht eine staatliche „Normalität“ in den besetzten Gebieten – vor allem im Donbass – herzustellen. Beispielsweise auch dadurch, dass russische Staatsbürgerschaften ausgegeben werden. Einige der Beamten, u.a. der Staatsanwaltschaften oder die Gouverneure, scheinen aber einfach in den umkämpften Gebieten zu bleiben und da weiter ihren Job zu machen.

Das ist es, was Selenskyj meiner Meinung nach als „Kollaboration und Verrat“ bezeichnet. Und das kann im Einzel- und Kriegsfall dann als Hochverrat bezeichnet werden.

Insgesamt deutet aber nichts darauf hin, dass die Ukraine durch Doppelspione unterwandert ist. Das ist zu sehr James Bond für die Realität.
Es scheint eher so, dass er durch den Druck des Krieges und – so vermute ich ganz persönlich – durch die Zusammenarbeit mit anderen Nachrichtendiensten, da jetzt einfach Frühjahrsputz macht.

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