Die endgültig wahre Wahrheit über Spione

Russische Aufklärung und Nähkästchen

Ein Verkehrspilot fragte, welchen Sinn solche Manöver wie in der letzten Nacht durch Russen haben. Da hole ich jetzt etwas aus. Weil es mir Gelegenheit bietet, eins meiner Kernthemen aufzugreifen.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters heute Morgen berichtet, sind in der vergangenen Nacht drei russische Flugzeuge in den NATO-Luftraum bzw. den Sicherheitsbereich über Polen eingedrungen.
Dabei handelte es sich um eine IL-20M Coot-A und zwei Su-27 Flanker.

Bei der Coot-A handelt es sich um ein Flugzeug zur elektronischen Aufklärung und Fernmeldeaufklärung. Die beiden Jäger waren eine übliche Eskorte. Sie wurden von zwei niederländischen F-35 abgedrängt, von denen derzeit acht in Polen stationiert sind.

Auf der Facebook Fanpage wies ich darauf hin, dass das nichts Besonderes ist. So etwas kam in meiner Dienstzeit ständig vor.
Wenn die Flieger meines Stamm-Geschwaders entlang der Hoheitsgebiete der Russen geflogen sind, waren fast immer solche „Abfangjäger“ dabei.

Nun wurde ich von einem Nutzer gefragt, was der Sinn solcher Manöver ist.

„Als Verkehrspilot kenne ich mich mit Navigation, Lufträumen, Luftrecht etc. aus. In meinen Augen ist es kaum möglich, so eine Luftraumverletzung versehentlich zu begehen (Fehler passieren immer mal, aber mehr auf Sichtflug im Vereinslevel, auf jeden Fall kaum auf militärischem Level unter normalen Umständen). Es wird ja auch geschrieben, dass dies üblich ist und immer mal vorkommt.
Ich würde gerne wissen: was ist der Sinn davon, so ein Manöver durch zu führen? Wird geschaut, wie lange der „Gegner“ braucht, bis man abgefangen wird? Oder soll das provozieren oder verunsichern?“

Das ist eine willkommene aber sicher unbeabsichtigte Einladung für mich, eins meiner Kernthemen aufzugreifen. Ein wenig zu plaudern. Die Erklärung von Spionage. Und über das völlig verzerrte Bild in der Öffentlichkeit.

Außerdem kann ich den ein oder anderen Schwank aus meiner Jugend erzählen.
Tut mir leid, da müssen wir alle jetzt durch. Es wird ja häufig so gewünscht.

Spione wollen keine Spione sein

Kein Spion mag den Begriff Spion. Zumindest so lange er kein Buch verkaufen oder Geld bei ntv oder Bild TV verdienen will. Gruß an den ehemaligen Generalstab.
Man spricht von Aufklärung, Nachrichtenbereich, Elektronische Kampfführung, Luftbildauswertung, Überwachung oder ähnlichem.

In der Öffentlichkeit hat sich das Bild von James Bond verfestigt.
Wie falsch das ist, machen zwei einfache Fakten deutlich.

Zum ersten gibt es die „operative Aufklärung“ quasi nicht mehr. So etwas wie James Bond findet so gut wie nicht (mehr) statt. Das ist in unserer Zeit auch kaum noch nötig, wenn jeder Hodenkobold seine Informationen aus Klickgeilheit ins Internet stellt.

Die Einheiten, die in Butscha Zivilisten getötet haben, konnten dadurch ermittelt werden, dass diese Blitzgescheiten den Toten die Handys abgenommen und damit nach Hause telefoniert haben. Weshalb Nachrichtendienste vermutlich sogar wissen, wer mit welchem Toten in Verbindung gebracht werden kann, wo er wohnt und wann seine Mutti Geburtstag hat. Supiendschlau, Bljad.

Die Ukraine hat es perfektioniert Social Media Postings von russischen Soldaten auszuwerten und dadurch den Standort von Lagern oder ähnlichem zu ermitteln. Und quasi „blind“ mit Artillerie darauf zu feuern. Was auch schon den ein oder anderen General dahingerafft hat.

Der ehemalige Mitarbeiter der CIA Robert „Bob“ Booker Baer, der selber noch paramilitärisch ausgebildet wurde, beklagt das in seinem 2003 erschienenen Buch „Der Niedergang der CIA“ ganz wundervoll.
Was im Kalten Krieg Berlin war, war in den 90ern Pakistan. Da traten die Operativen sich gegenseitig auf die Füße. Und US-amerikanische Spione erkannte man daran, dass sie in Khaki-Hosen mit hochklappbaren Sonnenbrillen aus dem Flieger stiegen und fragten, ob jemand Englisch spricht.

Ich bin immer wieder erschüttert, wenn ich heute sehe, was Uniformträger auf Twitter veröffentlichen. Oder auch nur halbwegs wichtige Leute aus Berlin weitererzählen.
An dieser Stelle eingeschlossen sind alle Menschen, die einen „privaten“ Social Media Account führen und ein Profilbild in Uniform haben oder ihre Einheit im Profil. Oder auch nur veröffentlichen, dass sie Soldat sind. Alle den Knall nicht gehört.
Wäre ich heute beim MAD… Heidewitzka. Wäre ich auf der Gegenseite, würde ich schon mal eine Datenbank aufmachen, wo die Kinder zur Schule gehen.

Dienstgrad, Name, Einheit, PK, Ende. Auch unter Folter.
Weichgespülte, wohlstandsverwahrloste Sissis alles. Natürlich Offziere.

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