Ukrainische und russische Partisanen

Die Asymmetrie des Krieges

Das gelbe Band

Yellow Ribbon, Zhovta strichka, Жовта стрічка

Im April 22 wurde ein Telegram Kanal mit dem Namen eröffnet. Die Gruppe ist offenbar in der Region Cherson im Süden aktiv.
Durch Kampagnen wurde versucht die russischen Referenden zu stören. Die Gruppe ist vor allem online aktiv, mit Anschlägen wird sie derzeit wohl nicht in Verbindung gebracht. Dennoch tauchten immer mehr gelbe Schleifen und Flugblättern auf, inzwischen scheint es einen Ableger in Mariupol zu geben.
Für die Festnahme des russischen Führers der Krim Sergei Aksjonow setzte sie eine Belohnung von 10 Bitcoins (230.000 $) aus.

BPA

Berdiansk Partisan Army, Berdianska partyzanska armiia, Бердянська партизанська армія

Die BPA ist vor allem in Berdjansk aktiv ist. Die Stadt liegt zwischen Melitopol und Mariupol an der Schwarzmeerküste.
Sie wird mit mehreren Anschlägen in Verbindung gebracht. Unter anderem einer Explosion bei einer besetzten Polizeistation am 6. August 2022. Welche die russischen Behörden mit einer durch eine Zigarette explodierten Gasflasche erklärten.

Die BPA ist mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Autobombe verantwortlich, die am 26. August den Kollaborateur Alexei Kolesnikov tötete. Ebenso für die Detonation der Autobombe, die den Verwaltungschef der Stadt Berdjansk Bardin Artem im September tödlich verletzte. Er war persönlich mit Putin bekannt.
Wladimir Rogow, der Verwalter der Region Saporischschja, kommentierte dies mit „Das passiert hier ständig.“

Unbestätigt ist die Verantwortung der BPA an der Autobombe, die den Verwalter der Stadt Mychajilwka Iwan Suschko tötete. Es würde jedoch zur Vorgehensweise und Region passen.

NSU

Popular Resistance of Ukraine, Narodnyy sprotyv Ukrainy, Народний спротив України

Die NSU tauchte zum ersten mal im September 2022 auf, als ein Telegram Kanal eröffnet wurde. Sie ist im Donbass aktiv.

Sie soll für das „Verschwinden“ einer ganzen Gruppe der „Achmat“ Spezialeinheit im Juni 2022 verantwortlich sein. Dabei handelt es sich eigentlich um das 141. Regiment. Das jedoch dem tschetschenischen Führer Kadyrow untersteht und schon für seinen Vorgänger und Vater gedient hat.

Atesh

Атеш, Krimtatarisch für „Feuer“

Atesh soll vor allem, aber nicht ausschließlich, aus Krimtataren bestehen. In ihren Reihen kämpfen auch Russen.

Krimtataren stammen von den osmanischen Besatzern ab. Daher werden sie auch als „Krimtürken“ bezeichnet. Als eigene Ethnie entstammen sie jedoch einem Gemisch aller Volksgruppen, die jemals auf der Krim waren. Darunter auch Mongolen, Griechen, Iraner, Armenier und vielen mehr. Sie machen in einigen Teilen der Krim über 50 und bei Sewastopol bis über 90 Prozent der Bevölkerung aus. Genau dort, wo laut Putin fast ausschließlich Russen leben.

Im November sollen Partisanen von Atesh in ein Militärkrankenhaus in Simferopol auf der Krim eingedrungen sein und 30 russische Soldaten getötet haben.
Im Dezember soll Atesh die Kaserne in Sovietske in Brand gesetzt haben. Es folgten weitere Anschläge, bis zu einer Explosion eines Checkpoints in dem inzwischen durch ukrainische Truppen besetzten Oleschky auf der anderen Flussseite des Dnepr bei Cherson.

Kürzlich hat Atesh eine Verantwortung für den Anschlag auf den Schriftsteller und Politiker Sachar Prilepin mittels Autobombe angedeutet.

Partisanen in Russland

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine haben über ein Dutzend Anschläge auf militärische Einrichtungen in Russland stattgefunden. Vor allem auf Rekrutierungsbüros, Verwaltungseinrichtungen und Kommissariate.
Für mehrere Anschläge auf Eisenbahnen hat eine russische Gruppe die Verantwortung übernommen, die sich Ostanovi vagony (Stoppt die Wagons) nennt. Es liegt nahe, dass diese Gruppe auch für den Anschlag auf den Zug bei Brjansk verantwortlich ist, bei dem in der vergangenen 20 Wagons entgleisten.

Darüber hinaus gibt es die National Republican Army NRA (Natsional’naya respublikanskaya armiya. Национальная республиканская армия) die sich an die IRA anlehnt.
Es gibt auch Partisanen im Kaukasus, die Legion Freies Russland (Legion „Svoboda Rossii“, Легион „Свобода России“), Partisanen der turksprachigen Ethnie der Baschkiren im südlichen Ural und einige mehr.

Die wirre Gemengelage wird am Beispiel des Anschlags im August 2022 deutlich, bei dem die Journalistin Darja Dugina getötet wurde.
Die Propagandistin besuchte mit Ihrem Vater, dem ultranationalistischen und neofaschistischen Vordenker Alexander Dugin, ein nationalistisches Festival bei Moskau. Der entschied sich spontan noch zu bleiben. Auf dem Heimweg explodierte eine Autobombe, die mit hoher Wahrscheinlichkeit während des Festivals angebracht worden war.
Man ist also nicht sicher, wer nun wirklich das Ziel des Anschlags war.

Einige vermuten die NRA als Drahtzieher hinter dem Anschlag. Das halten andere wiederum für unwahrscheinlich.
US-amerikanische Geheimdienste gehen davon aus, dass die ukrainische Regierung den Anschlag nicht initiiert, aber „abgenickt“ hat.
Russland hat eine Ukrainerin als Täterin ausgemacht, die nach Estland fliehen konnte. Im Fall des getöteten MilBloggers Wladlen Tatarskij wurde eine junge Frau angeklagt.

Das gibt vielleicht einen Eindruck, was derzeit in der Ukraine und in Russland selber los ist. Und wie wenig davon in den Medien berichtet wird. Was verständlich ist, da wenige Informationen verbrieft oder überhaupt zugänglich sind. Die Hintergründe werden erst im Laufe von Jahren aufgearbeitet werden können.
Hinzu kommen die absurd merkwürdigen Todesfälle innerhalb russischer Eliten.

Doch zumindest einige Erklärungen wären angebracht. Denn diese Informationen geben vielleicht ein etwas anderes Bild darüber, wie gefestigt oder eben nicht gefestigt der Putinismus tatsächlich ist. Und wie weit die besetzten Gebiete in der Ukraine tatsächlich sind. Die inklusive Krim und Donbass auch nach einem Jahr nicht einmal ein Fünftel der Ukraine ausmachen.

Aktuelles