Social Media Soldaten – Absurder Zeitgeist

Nicht mehr meine Bundeswehr

Bis zum Sturz des Bundeskanzlers

So etwas gab es weit häufiger, als die meisten es sich heute wohl vorstellen.
Ursel Lorenzen war Sekretärin im NATO-Hauptquartier in Brüssel. „Sekretärin“ ist nicht die Tippse, sie hat bei Pressekonferenzen gesessen. Sie wurde von dem Romeo-Agenten Dieter Will angeworben. Kurz vor ihrer Aufdeckung im Rahmen der „Operation Anmeldung“ setzte sie sich 1979 in die DDR ab. Nach dem Zusammenbruch verschwand sie erneut, vermutlich nach Libyen. Die Ermittlungen wurden 1999 eingestellt.

Günter Guillaume war 1956 in die BRD „geflüchtet“. Zu dem Zeitpunkt war er seit mindestens fünf Jahren Mitglied der SED und seit zwei Jahren als IM registriert.
Es dauerte 16 Jahre, bis er sich in der SPD bis zum persönlichen Referenten des Bundeskanzlers hochgearbeitet hatte. Seine Aufdeckung führten zum Rücktritt von Willy Brandt.
Dabei hatte er gar nichts wichtiges spioniert. Was vermutlich auch an den internen Richtlinien lag, wer was wann zu sehen bekommt. Das meiste waren Parteiinterna der SPD. Aber solche Schläfer sind billig, sie unterhalten sich quasi selbst.

Ich höre sie schon raunen. Die da sagen „Ja, Diggi, das war der Kalte Krieg.“
Aber ich wurde nach dem Ende des Kalten Krieges gezogen. Und ich habe täglich gelernt, dass der eben nicht vorbei war. Zumindest nicht so, wie es in den Medien und von der Politik verkauft wurde.

War der Kalte Krieg je vorbei?

Ich will nicht den Eindruck vermitteln, gewusst zu haben, was kommt.
Aber ich war mehr überrascht darüber, wie sehr die meisten Menschen von Russlands Überfall auf die Ukraine überrascht waren. Und darüber, was alles ignoriert wurde.

1999 wurde Putin Ministerpräsident. Sein Vorgänger Jelzin hat das nicht gerade mit Jubel hingenommen. Putin kam aus dem KGB und mafiösen Oligarchen-Strukturen in St. Petersburg.
Inzwischen ist naheliegend, dass er die Bombenanschläge auf Moskauer Wohnhäuser inszenieren ließ, um als starker Mann gegen den tschetschenischen Terrorismus gewählt zu werden.
Ein Jahr später wurde er Präsident.

Ein Blatt macht noch keinen Herbst. Er war nicht alleine.
2003 zog die Jedinaja Rossija (Единая Россия, „Vereintes Russland“) mit knapp 40% in die Duma ein. Putin kandidierte für sie, obwohl er gar kein Mitglied ist. Da sich mehrere Parteien der Jedinaja Rossija anschlossen, wurde sie alleinbestimmende Kraft. Sie ist es seit 20 Jahren.

Alleine der Name „Vereintes Russland“ hätte ja mal den ein oder anderen aufhorchen lassen können. Weil mit der Vereinigung sicher nicht die Russische Föderation gemeint war. Es geht um die Dreieinigkeit der russischen Völker: Russland, Ukraine („Kleinrussland“) und Belarus („Weißrussland“). Das wurde auch durch die Äußerungen Putins immer deutlicher.
Sie haben es im Namen stehen; und 2023 diskutieren Propagandisten und Mitläufer immer noch ernsthaft darüber, dass Russland gezwungen war, die Ukraine zu überfallen.

Chef der Jedinaja Rossija ist der inzwischen bekannte Dmitri Medwedew. Der sich in den Folgejahren immer wieder mit Putin als Ministerpräsident und Präsident abwechselte. Es wurden sogar Gesetze geändert, damit Putin an der Macht bleiben konnte. Die Amtszeiten waren eigentlich im Russland von Gorbatschow und Jelzin begrenzt.

Medwedew mit leichten Gleichgewichtsstörungen
beim G8 2009

Spätestens ab dem Auftreten Putins bei der Sicherheitskonferenz in München 2008 konnte man ziemlich sicher vorhersehen, wohin die Reise geht. Doch davor wurden aus politischem Willen die Augen fest verschlossen. Russland war der Freund. Der Europa mit billigem Öl und Gas zu kaufen wusste. Und alle stimmten in das Lied mit ein.

Ich fände es spannend eine Umfrage zu starten, wie viele Menschen heute wissen, dass in Russland eine nationalistische Partei rechts von der AfD seit 20 Jahren an der Macht ist. Denn das würde die Überraschung erklären; den Schock, mit dem viele auf den russischen Überfall reagiert haben. Und dass die Propaganda so gut verhaftet.

Ich war schlicht überrascht, dass der Putinismus sich für gefestigt genug hält, nach der Annexion der Krim 2014 tatsächlich alles auf eine Karte zu setzen. Aber das wäre sicher einen anderen Beitrag wert. Ich möchte nicht abschweifen.

So wird heute Krieg gemacht

Mein täglicher, morgentlicher Routinejob bestand aus der Erfassung der Schiffsbeobachtungen in der Ostsee, Kattegat und Skagerrak. Daher kommt mein gern genutzter Vergleich: Wenn James Bond in einem Bunker mit Computern und Monitoren mit M diskutiert und im Hintergrund läuft einer gelangweilt durchs Bild, mit Kaffeetasse, Klemmbrett, verschlafen fluchend und irgendwas an große Karten und Pläne an der Wand malt… Das war ich.

Keine Übung. Das war kein Manöver. Wir haben sie beobachtet.
Wenn ein russisches Schiff durch die Ostsee lief, wusste die NATO wo es ist. Und wie der Kapitän heißt. Und vermutlich wo er wohnt.

In unserem Bunker hing ein etwa ein mal zwei Meter großes Foto des Hafens von Libau (Liepāja, heute Lettland). Wir konnten die Tanks messen, wussten welche Schiffe dort stationiert sind, und konnten dadurch errechnen wie weit die Schiffe mit einer Tankfüllung kommen würden.
Wir hätten gar nicht den ganzen Hafen bombardieren müssen. Nur die Eisenbahngleise, die wir auf 30cm genau lokalisieren konnten. Und im besten Falle noch die Tanks kaputtmachen.
Das Foto wurde aus einer Entfernung von 63 km aufgenommen. Und das war Ende der 80er.

Der Hafen von Liepāja heute.

So wird heute Krieg gemacht. Nur 30 Jahre besser. Und die Ukraine lernt genau das gerade. Das sehen wir derzeit in den Meldungen. Präzise, kleine, schnelle Schläge mit hochpräzisen Waffensystemen. Selbst bei Videos von Panzergrenadieren kann man Taktiken der NATO erkennen.

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