Lindemann, Sexskandale, Evolutionspsychologie und sechs Katzen

Das merkwürdige Balzverhalten von Mitteleuropäern zur Paarungszeit

Das merkwürdige Balzverhalten von Mitteleuropäern zur Paarungszeit

Das Balzverhalten, die Partnerwahl beginnt spätestens da, wo die Kommunikation keinen anderen Zweck mehr erfüllt. Und wenn man das einmal ehrlich hinterfragt, ist das erschreckend selten. Fast jede Kommunikation zwischen den Geschlechtern ist sexuell motiviert. Ausgenommen im Job, bei Call Centern und bei der blöden Kuh vom Finanzamt.

Über was sollen Frauen sich mit Männern unterhalten? Über Mode? Über Schminke?
Und über was sollen Männer sich mit Frauen unterhalten? Über Fußball und Formel 1?
Die Diskrepanz entsteht dadurch, dass Männer und Frauen eine vollkommen unterschiedliche Motivation haben, überhaupt zu kommunizieren. Was sich spätestens bei der Frage „Schatz, was denkst du gerade?“ manifestiert. Und zu zerstörter Inneneinrichtungen oder Alkoholismus führen kann.

Liebe Männer: Wenn eine Frau Euch um Rat fragt, will sie eigentlich keinen Rat. Sie will Euch besprechen, dass Ihr zuhört und Verständnis habt. Um Himmels Willen, gebt keinen Rat!

Männer sind getrieben von Konkurrenz und Hierarchie. Sie hetzen durch ihr Leben und sind darauf geeicht Status anzuhäufen. Weil Erfolg die Partnersuche vereinfacht. Frauen stehen nicht auf Geld, sie stehen auf Dominanz und Macht. Das Männchen muss den Nachwuchs verteidigen können. Der Typ kann ein Gesicht haben wie ein voller Aschenbecher und einen Körper wie ein Kondom voll Walnüsse, das ist sekundär. Geld ist nur ein Indikator für Macht. Ein schwarzer Gürtel, eine Mitgliedschaft im Yachtclub oder ein Nobelpreis erfüllen den gleichen Zweck.

Und jeder anständige Mann wird nicht zum Arzt gehen oder nach dem Weg fragen, weil das Schwäche impliziert. Er wird sich mit Magengeschwüren durchschlagen und aufgrund des Stresses mit etwas Anstand dann zwanzig Jahre vor der Frau ins Gras beißen.
Welche geistig gesunde Frau will den senilen Sack denn noch mit 70 in der Bude hocken haben?

Frauen sind getrieben vom Nestbau. Sie kommunizieren zur Bindung, aus sozialen Motiven. Sie wollen sich der Gesellschaft versichern, in der ihr Junges großwerden soll, sie brauchen die Bestätigung des Rudels. Sie empfinden nur eine Konkurrenz, solange es um die Partnerwahl selber geht. Sind sie in einer Partnerschaft, werden sie genauso fett wie die faulen Säcke auf ihrer Couch und ziehen ihre Selbstachtung daraus, im Elternbeirat eine gute Mutter abzugeben.

Deshalb gucken Männer Sport und Frauen lästern mit ihrer Freundin über die Maße der genetisch bedingten Ärsche der Kardashians. Oder wie der „Stand-up-Comedian, Schauspieler, Schriftsteller, Musiker, Filmproduzent, Podcaster und Gesellschaftskritiker“ (Zitat Wikipedia) Bill Burr es mal so schön herausgearbeitet hat: Frauensport wäre erfolgreicher, wenn es Frauen interessieren würde. Die gucken aber keinen Frauensport. Die erwarten von Männern, dass die Frauensport gucken. Sie gucken derweil Germanys Next Emanzipationsrückschritt oder Partnerwahlshows auf Netflix. Jetzt auch in Queer.

Der aufgebauschte Skandal

Dieses Geplänkel diente lediglich dazu, den Leser darauf einzustimmen, in welcher Perspektive und Gedankenwelt ich mich bewege. Ab hier geht es nämlich ganz schnell.
Kommen wir also auf Lindemann und meine Frage zurück.

Nach jetzigem Stand der Informationen, die öffentlich und mir bekannt sind, wird der Sänger der derzeit erfolgreichsten deutschen Band Rammstein Till Lindemann in den deutschen Medien skandalisiert. Weil es nach Konzerten der Band so genannte Row Zero Partys gegeben hat.

Das ist etwas, dass es so seit mindestens den 1940ern gibt.
Bereits beim Rat Pack (Frank Sinatra, Dean Martin und Konsorten) gab es neben zertrümmerten Hotelzimmern auch Gerüchte, dass sie sich beim Pokerspiel reihum unterm Tisch mit Blowjobs ablenken ließen. Ab den 1960ern nannte man Frauen, die für ein wenig Fame und Glitter im Gegenzug sexuelle Gefälligkeiten anboten, „Groupies“.

Beim System Row Zero („Reihe Null“) bekommen Leute eine Einladung zu einer Backstage Party nach einem Konzert. Üblicherweise VIP und gutaussehende, junge Frauen.
Diese Partys werden nicht von den Bands selber organisiert. Zumindest ist mir kein solcher Fall bekannt. Sondern vom Management oder viel eher von dem jeweiligen Veranstalter. Das dient vor allem Promo-Zwecken, der Veranstalter kann später damit angeben und Bilder auf Instagram veröffentlichen. Finanziert wird es nicht selten über Sponsoring.

Die Einladungen erfolgen üblicherweise nicht während des Konzertes, sondern davor. Teilweise deutlich davor.
Im vorliegenden Fall wurde beispielsweise eine junge Frau eingeladen, die nicht einmal zu dem Konzert gehen wollte. Sie wurden über ihren Instagram Account ausgewählt. Anschließend wurden sie in eine WhatsApp Gruppe eingeladen, in denen Ihnen gesagt wurde, dass sie sich möglichst feminin oder mit Cocktailkleidern bekleiden sollten.

Französische Lyrik des ausgehenden 18. Jahrhunderts

Betrachtet man die Berichterstattung nüchtern und rational, ist das der eigentliche Skandal, auf dem die ganze Story aufgebaut wird. Das ist bei einem „Rechercheverbund“ des NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung herausgekommen.
Persönlich finde ich es erschreckend, dass diese Journalisten sich auf das Niveau begeben. Nach zwei „Enthüllungsgeschichten“ über Nord Stream, die nichts nachgewiesen haben.

Viele reagieren jedoch wie bei einer Vergewaltigung.
Es gibt meines Wissens exakt zwei Berichte solcher Frauen, die akuter werden. Aber um das deutlich zu sagen: Es gibt keinen Vorwurf einer Vergewaltigung oder anderen Missbrauchs.
In einem Fall ist eine Frau nach eigenen Angaben bei einer solchen Party aus einer Ohnmacht erwacht. Und Lindemann hätte „auf ihr gelegen“. Sie behauptet aber nicht – und hat das später deutlich gemacht – dass es zu einem Missbrauch gekommen sei. Eine zweite Frau räumt ein, sie sei mit Lindemann in einen separaten Raum gegangen, wo es zum Geschlechtsverkehr gekommen sei. Dabei hätte sie verkrampft, sich unwohl gefühlt und „geblutet“. Doch auch sie sagt explizit, dass sie nicht Nein gesagt hatte.

So widerlich das erscheint, und das ist indiskutabel, aber das ist nun einmal kein Missbrauch. Zudem ist nicht geklärt, ob das überhaupt so stattgefunden hat.
Der Leiter dieses Rechercheteams, Daniel Drepper, widersprach in einem Interview der Tagesschau dem Moderator sogar bei dem Gebrauch des Begriffes „gefügig machen“. Auf den Partys gab es Drogen und Alkohol. Es ist mehr als fraglich, ob es den Frauen „eingeflößt“ wurde.

Unterm Strich bleibt also – und das ist der Kern der Skandalisierung und genau so formuliert es auch besagter Daniel Drepper – dass es ein „System“ gab, bei dem junge, volljährige, gutaussehende und mündige Frauen eingeladen wurden. Ich habe auf der Fanpage den Begriff des „Zuführens“ verwendet.

Der Skandal soll das sein, was Rockstars seit Jahrzehnten machen, was eigentlich jeder kennen und wissen sollte.
Lindemann sitzt vor zehntausenden schreiender Fans auf einem zwei Meter großen Penis der Schaum ins Publikum bläst. Und dazu singt „Ich tu Dir weh“. Die Band ist definiert als „Neue Deutsche Härte“. Eine Band, die mit deutschsprachigen Texten in den USA weit größer ist als in Deutschland und den Madison Square Garden vollmacht.
Diskussionen über französische Lyrik des ausgehenden 18. Jahrhunderts sind bei Aftershows auf Koks doch eher unwahrscheinlich.

Laut Drepper liegt eine eidesstattliche Versicherung einer Frau vor, die während eines Konzertes eingeladen wurde. Und der vorher zu verstehen gegeben wurde, dass sie bereit sein sollte, mit Lindemann Sex zu haben. Oder irgendwem.
Sie ist gegangen.
Wo ist der Skandal?

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