Leopard und Ukraine: Ein Crash-Kurs in Taktik

Wunderwaffe oder Hype?

Nun haben auch die ukrainischen Soldaten, die in Deutschland ausgebildet werden sollten, ihren Intensivkurs beendet. Was erneut zu Debatten führt, was der Leopard II in der Ukraine ausrichten kann. Und eine Menge Laien glänzen mit gefährlichem, halbem Dreiviertelwissen.
Ein Crash-Kurs in Taktik.

Auf Social Media wird viel darüber debattiert, was der gelieferte Leopard II in der Ukraine wird ausrichten können.
Als jemand der auch mal eine Grundausbildung auf dem Leo hatte, kann ich dazu sehr deutlich sagen:
Keine Ahnung.

Das liegt nicht daran, dass solche Grundlagen keineswegs zur Grundausbildung gehören. Denn ich habe ja auch eine Ausbildung in Strategie genossen und kann das schon beurteilen.
Es liegt einfach daran, dass alles darauf ankommt, ob die gelieferten Waffen richtig eingesetzt werden.

Es gibt keine Wunderwaffe, die alles entscheiden kann. Weder die russischen Hyperschall-Raketen, noch der Leo.
Ich habe zwar mal eine Gegenüberstellung des Leopard und des russischen T-72 gewagt. (Link hier…) Habe aber auch da und in Diskussionen immer wieder angemahnt, dass das Computerspiel ist, in dem man PS oder Kaliber vergleicht, und der Stärkere gewinnt.
Solche Debatten sind albern, infantil und zeigen, dass die Debattierenden eigentlich keine Ahnung haben.

In den Kommentarspalten der Facebook Fanpage tausche ich mich auch häufig mit aktiven und ehemaligen Soldaten aus. Aber ich bin recht sicher, das versteht kein Laie der das liest.

Also machen wir einen Crash-Kurs

Soldatenarten in ihrem natürlichen Lebensraum

Es gibt traditionell drei Arten von Soldaten. Die zu Fuß, die auf dem Pferd und die mit den Steinschleudern.
Das war schon in der Antike so. Und deshalb werden solche Schlachten bis heute auch gelehrt. Drei drei drei, bei Issos Keilerei.

Infanterie

Die Infanterie sind das Fußvolk. Die, die vorne mit der Flinte rumlaufen. Oder im antiken Ägypten mit der Bronze-Keule.
Das waren meist die einfachen Soldaten, daher auch die abschätzige Verwendung des Begriffs „Fußvolk“. Im Dreißigjährigen Krieg bekamen die neuen Söldner eine Lanze in die Hand gedrückt und waren die „Spießgesellen“.

Kavallerie

Die Kavallerie sind die Soldaten mit Pferd. Sie waren die Macht, sie konnten durch die Infanterie preschen, alles kaputtreiten und von oben drauf dreschen.
Da sie sehr teuer waren – so ein Pferd war schon ein Rolls Royce – waren das meist Adelige. Im alten Griechenland und Rom mussten die Soldaten ihre Ausrüstung selber bezahlen. Eigentlich hatte Rom gar keine eigene Kavallerie, das waren meist germanische Söldner vom Niederrhein, die schon damals für ihre Pferde bekannt waren. (Auxiliartruppen)
Und deshalb bekamen die „Spießgesellen“ einen Spieß, damit sie die Reiter vom Pferd holen konnten.

Artillerie

Die Artillerie, das waren die Kanonen. Die standen etwas abseits und haben auf die anderen Soldaten geschossen.
Und weil die Ägypter, Perser, Römer und Hetiter noch keine Kanonen hatten, verwendeten sie Katapulte, Ballisten und Scorpio. Die Artillerie-Soldaten waren also fast mehr Ingenieure und Maschinenbauer als Soldaten.

Diese Grundaufteilung hat sich bis heute nicht geändert.
Heute nennt man das die „Waffengattungen“.
Es gibt noch mehr, aber für einen Crash-Kurs reicht das.

Strategie und Taktik

Das Aushängeschild, die Königsdisziplin, war immer die Kavallerie. Weil sie eben sehr prestigeträchtig war und kaum von anderen gestoppt werden konnte. Kavalleriesoldaten hatten immer die schicksten Uniformen und die längsten Säbel.

Aber so einfach war das eben nicht. Denn nicht nur, dass die Kavallerie sehr teuer war. Sie kam auch nicht überall hin. Hatte der Verteidiger vorher Zeit sich zu verschanzen, also Gräben und Wälle (Schanzen) zu errichten, konnte man mit der Kavallerie schon nix mehr anfangen. Denn die Pferde sprangen da nicht drüber.

Die Artillerie konnte ganze Städte zu klump schießen. Aber sie konnte nur schwer sich bewegende Infanteristen treffen. Und wenn die Feinde erstmal bis zu den Kanonen oder Katapulten kamen, war eh alles zu spät. Denn die konnten ja nur schlecht weglaufen.

Die Infanteristen hatten immer die Arschkarte. Sie waren das Verbrauchsmaterial. Was sie dann wiederum zur Tugend machten und sich für die harten Hunde hielten.

Es war also wichtig vor einer Schlacht zu gucken, welche Waffengattung man wann, wo und wie einsetzt. Kavallerie gegen Infanterie, Artillerie gegen Stellungen und Schanzen, Infanterie gegen andere Infanterie und Artillerie, und so weiter.
Wenn Napoleon oder Ulysses Grant vom Hügel aus auf die Schlacht guckten und Befehle gaben, welche Gruppe sich wohin zu bewegen hatte:
Das nennt man Strategie.

Die Gruppe musste dann selber entscheiden, wie sie die Strategie umsetzt. Ob die Infanterie sich dicht zusammenstellt und ihr Spieße zur Abwehr der Kavallerie zückt, oder ob sie sich hinter den Graben zurückzieht und wartet, dass die Kavallerie versucht da drüber zu kommen.
Das nennt man Taktik.

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