Die Psychologie der Putinversteher

Der Feind in meinem Kopf

Nach drei enervierenden Diskussionen auf der Facebook Fanpage und einem Thread auf Twitter habe ich das Bedürfnis einmal einen Erklärungsansatz anzubieten, warum manche Menschen in Deutschland dankbar russische Propaganda übernehmen. Und warum der Versuch sie zu überzeugen scheitern muss.

Einige Menschen in Deutschland übernehmen dankbar die russische Propaganda, die Narrative der Populisten und die alternativen Fakten der Scharfmacher.
Das sind bei weitem nicht alles Nazis oder AfD Wähler. Überraschenderweise finden sich aber große Schnittmengen. Schnittmengen mit den selbsternannten Querdenkern und mit jenen, die seit 2015 etwas von Flüchtlingswelle, Kulturverlust oder gar Volksaustausch erzählen.

Was da passiert sind psychologische Mechanismen.
Nun steht es mir nicht zu, hier eine psychologische Abhandlung zu schreiben. Dazu fehlt mir die Kompetenz. Aber ich möchte einmal versuchen diese Mechanismen für Laien so verständlich zu machen, dass der geneigte Leser es einordnen kann.

Das ist keine These, nicht einmal eine Hypothese. Es ist ein Modell, wie man sich einiges erklären kann. Küchenpsychologie. Ok… ein wenig mehr ist es schon, aber das Urteil überlasse ich dem Leser.
Wer sich interessiert, für den mache ich googelnswerte Begriffe fett.

Dann wird vielleicht auch deutlicher, warum ich diese Menschen zutiefst verabscheue. Es ist mir völlig egal, ob die sich impfen lassen oder die AfD wählen. Mir geht es um den Weg, wie sie dorthin gelangen.

Der innere Monolog

Etwa ein Drittel aller Menschen hat einen inneren Monolog. Die Zahlen gehen auseinander. Weil diejenigen, die ihn haben, das ja wissen. Und die, die ihn nicht haben, gar nicht wissen, dass es so etwas gibt. Das ist wohl auch nicht angeboren, zumindest kann man es trainieren. Es ist schwer messbar.

Was bedeutet, ein Mensch mit einem solchen inneren Monolog formuliert viele seiner Gedanken aus. Wie ich zum Beispiel, wenn ich diesen Satz schreibe. Ich habe vorher nicht nur gedacht, was ich ausdrücken möchte. Sondern ich habe den Satz „Wie ich zum Beispiel, wenn ich diesen Satz schreibe.“ vorher in meinem Kopf formuliert. Und brauche ihn dann nur noch aufzuschreiben, was die Sache enorm erleichtert. Leider denke ich Rechtschreibung und Satzzeichen nicht mit, aber das ist ein anderes Thema.

Man hat untersucht, wie eine Handlung ausgelöst wird. Beispielsweise bei Probanden, die im MRT lagen. Und die, wann immer sie wollten, die Hand heben konnten. Dabei hat man etwas Beängstigendes entdeckt: Die Areale im Hirn, die sich mit einer Entscheidungsfindung beschäftigen, wurden teilweise nicht „aktiviert“, bevor der Proband die Hand gehoben hat. (Sehr vereinfacht! Bitte keine Mail!)

Die Illusion der Vernunft

Das bedeutet, es wurde eine Handlung ausgeführt, über die vorher nicht nachgedacht wurde. Der Proband hat nicht gedacht „Jetzt hebe ich mal die Hand“, sondern es einfach getan.
Das Beängstigende daran ist, dass wir uns der Illusion hingeben, ein vernunftbegabtes Wesen zu sein. Ein Tier, das im Unterschied zu allen anderen Tieren seine Handlungen und Entscheidungen rational prüft, abwägt und dann ausführt. Doch das scheint nicht immer der Fall zu sein.

Ein Hund wedelt mit dem Schwanz, wenn er sich danach fühlt. Das hat nichts mit Reflex oder Intuition zu tun. Es dient auch keiner Befriedigung eines Bedürfnisses. Es ist eine Handlung ohne Vernunft. Eine Katze schnurrt, ein Quokka hüpft und ein Wombat… Nun, ein Wombat macht, was auch immer Wombats so machen. Ich weiß ehrlicherweise wenig über die Freizeitgestaltung von Wombats.

Paul Ekman und Bruce Lee

Ganz ähnlich ist es mit unserer Mimik. Wir entscheiden uns nicht bewusst dazu, böse zu gucken oder zu lachen. Wir tun es. Und manchmal, wenn wir es bewusst tun, merken andere, dass es gekünstelt war. Aber die meiste Zeit kontrollieren wir es nicht.

Genau das ist der Ansatz von Paul Ekman, der diese Mimik und die Mikroexpressionen untersucht hat. Seine Arbeiten waren später die Vorlage für die Fernsehserie Lie To Me. Ob man dadurch wirklich ultimativ erkennen kann, ob jemand lügt, sei einmal dahingestellt.

Bruce Lee beschrieb, dass man Kampftechniken so lange trainieren sollte, dass man sie ohne nachzudenken ausführen könne. „Leere deinen Geist“ ist eine Phrase die in kaum einem Kampfsport-Coming-Of-Age-Film fehlen darf.

Auf die Frage, was Erleuchtung bedeute, antwortete ein alter Zen-Meister: Zu schlafen wenn man müde ist, zu essen, wenn man hungrig ist und zu trinken, wenn man durstig ist.
Was meiner Meinung nach auch eine gute Formel für Wohlstand und Glück ist.

Diese ganze Vorrede diente nur dazu dem geneigten Leser verständlich zu machen, dass eine Meinung oder eine Handlung nicht aus dem Nichts erscheint. Sondern dass sie meist eine Ursache, eine Motivation hat. Die uns in den meisten Fällen nicht einmal bewusst ist. Und dass es mehrere Schichten gibt, bevor aus einem Gefühl eine Handlung wird.

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