Wie die USA Bin Ladens Nachfolger töteten

Kein stumpfer Bombenhagel – eine nachrichtendienstliche Aktion

Aiman al-Zawahiri war der Nachfolger von Osama bin Laden. Seit seinem Tod war er die Führung der Terrororganisation al-Dschihad und des Netzwerkes al-Qaida. Er war Arzt, stammte aus Ägypten, auf seinen Kopf war ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar ausgesetzt. Wie die USA nun mitteilten, wurde er am vergangenen Wochenende getötet.

Leserfrage:

Guten Abend, kannst du vielleicht mal erklären, wie die Tötung des Al-Kaida-Chefs mit einer Drohne funktioniert hat? Scheinbar wurde ja nur er getötet. Ich hatte bis jetzt nur von Drohnen gehört, die mit Bomben töten. Da sterben dann doch immer mehr als nur die Zielperson, oder?
Gruß Silvio, 02.08.22, PN Facebook Fanpage

Zunächst zwei Begrifflichkeiten.

„Bomben“ sind Explosionskörper, die durch einen Zünder zur Detonation gebracht werden. Sie werden durch Flugzeuge abgeworfen. Es gibt sehr moderne und raffinierte Bomben. Aber ihr Einsatz ist im Vergleich zu anderen Mitteln eher von Vorgestern.
Das meiste was Laien – und leider auch Medien – als Bomben bezeichnen, sind Raketen. Also Explosionskörper mit einem eigenen Antrieb. Oder Artillerie-Geschosse, die von Geschützen aus abgefeuert werden.

„Drohnen“ sind Waffensysteme, die ohne menschliche Insassen funktionieren. Militärisch spricht man im Deutschen von „unbemannt“, im NATO-Sprech sind es UAV, Unmanned Aerial Vehicle.
Bisher wird das nur für Fluggeräte verwendet. Doch es gibt bereits andere Drohnen. So hatte ich vor Kurzem die russische Poseidon (NATO-Name Kanyon) erklärt, die nächste angebliche Wunderwaffe Russlands. Ein unbemanntes U-Boot oder ein gesteuerter Torpedo.

Daneben gibt es viele andere Drohnen, auch im Zivilen. Vor allem werden sie inzwischen zur Aufklärung eingesetzt. Also um zu gucken, wo der Feind ist. Sie können so groß sein wie die zivilen Drohnen für Videos, oder die Größe von kleinen Flugzeugen haben.

Auch da schreitet die Entwicklung weiter voran.
Inzwischen sind die ersten Drohnen auf dem Markt, die nicht einmal mehr ferngesteuert werden müssen. Die Kargu-2 aus türkischer Produktion soll im vergangenen Jahr in Libyen eingesetzt worden sein. Sie wird nur gesteuert durch künstliche Intelligenz.

Amerikanische Drohnen

In den meisten Medien ist die Tötung von Aiman al-Zawahiri eine kurze Meldung. „Durch Drohne getötet“. Das täuscht darüber hinweg, welcher Aufwand dafür betrieben wurde. Eine Drohne alleine kann höchstens töten, wenn sie abstürzt.
Und es vermittelt den Eindruck, dass ständig amerikanische Drohnen irgendwo über dem arabischen Raum fliegen und „Bomben“ abwerfen.

Man kann die USA gerne kritisieren. Auch die Tötung al-Zawahiri war mit hoher Wahrscheinlichkeit völkerrechtswidrig. (Ganz einig ist man sich da tatsächlich nicht. Das Völkerrecht stammt aus Zeiten vor Drohnen und Terrorismus.)
Aber der Eindruck ist schlicht falsch. Ganz nüchtern, militärisch, sachlich.

Denn selbst die großen Drohnen können gar nicht viele Bomben tragen („schwere Bombenlast“). Zudem ist der Einsatz hochspezialisiert und teuer. Immer noch preiswerter, als mit einem Flugzeug. Aber trotzdem teuer. Alleine schon, weil diese Drohnen abgeschossen oder durch elektronische Kampfführung „EloKa“ vom Himmel geholt werden können.
Würde man also einfach Dörfer dem Erdboden gleichmachen wollen – egal ob USA, UK, Russland oder China – schickt man doch lieber einen richtigen „Bomber“.

Mehr James Bond als Full Metal Jacket

Man muss die Medienberichte schon aufmerksam lesen und recherchieren. Dann versteht man, was am vergangenen Wochenende im afghanischen Kabul passiert ist. Und das hat weniger mit Militär und Full Metal Jacket als mehr mit Nachrichtendienst und einem Jack Ryan Film zu tun.
Im aktuellen Fall von al-Zawahiri war es alles andere als stumpfe „Bombardierung“.

Im Kabuler Stadtteil Sherpur (bzw. Wazir Akbar Khan) waren vor dem Abzug westlicher Truppen vor allem Botschaften und ähnliche Einrichtungen ansässig. Große Anwesen, große Häuser. Nach der erneuten Machtübername der Taliban war klar, dass sich dort hochrangige Persönlichkeiten der Taliban und von al-Qaida einnisten würden. Auch die sind dafür bekannt Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Fundamentalisten mögen es gerne luxuriös.

Also haben die Nachrichtendienste – und ich gehe davon aus, dass es nicht nur die US-amerikanischen waren – diese Gegend besonders im Visiert gehabt.
In Medienberichten wird gerne von „Spionen“ gesprochen. Solche ausgebildeten Spione a la James Bond gibt es aber kaum noch. Das funktioniert heutzutage anders. „Spione“ mögen den Begriff „Spion“ nicht.

Offenbar wurde dann nicht al-Zawahiri gefunden. Der kaum das Haus verließ. Sondern seine Frau.
Der Nachfolger von Osama bin Laden hielt sich wohl lieber auf dem Balkon auf.
Und so konnte er „getrackt“, also erfasst werden.

Bevor wir es wissen

Das muss alles bereits Anfang des Jahres passiert sein. Denn laut Bericht der BBC wurde erst ein Berater des US-Präsidenten Biden und dann er selbst Anfang April durch den Auslandsgeheimdienst CIA „gebrieft“.

Laut BBC soll es dann am 1. Juli bereits ein großes Briefing des Präsidenten im weißen Haus gegeben haben. Bei dem unter anderem auch CIA Director William Burns und die Sicherheitsberaterin Avril Haines anwesend waren. Dabei wurde ein maßstabsgetreues Modell des Anwesens des Top-Terroristen präsentiert.

Am 25 Juli hat Biden den Angriff ermächtigt.

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