Brückenkopf bei Cherson: Wird die Gegenoffensive vorbereitet?

Aufrufe nicht zu genau zu berichten

Seit Wochen rechnet man mit einer Gegenoffensive der Ukraine. Wann sie kommt und in welcher Form ist jedoch ungewiss. Seit Sonntag mehren sich die Hinweise, dass mögliche Vorbereitungen begonnen haben.

Der Fluss Dnepr teilt die Ukraine in Ost und West. Ein solcher Fluss ist eine entscheidende strategische Barriere in jedem Krieg.

In der ersten Phase des Überfalls hat Russland versucht aus Belarus kommend von Norden aus die Hauptstadt Kiew einzunehmen. Das ist kolossal gescheitert. Experten weltweit waren erschüttert, wie schlecht die russischen Streitkräfte abgeliefert haben.

Zeitgleich hat Russland versucht vom Donbass im Osten und von der völkerrechtswidrig besetzten Krim aus vorzudringen. Die deutlich reduzierten Truppen aus dem Norden wurden aufwändig über Belarus und Russland zurück in den Nordosten verlegt. Wo sie zunächst weite Gebiete einnehmen, aber nicht kontrollieren konnten.

Wichtig für Russland war es, die Küstenlinie des Schwarzen Meeres einzunehmen. Um so die Krim mit dem teilweise besetzten Donbass zu verbinden. Ohne diese Verbindung wären die Truppen, die von der Krim aus kommen, nur mit dem Schiff oder über die Krim-Brücke zu versorgen gewesen.
In dieser Phase sahen wir die erbitterten Kämpfe um Mariupol.

Im vergangenen Herbst hat die Ukraine jedoch große Gebiete zurückerobern können. Zunächst ein großes Gebiet um Charkiw, nördlich des Donbass. Und vor dem Winter und der „Matsch Saison“ ist es ihr gelungen, die russischen Truppen, die sich bereits auf der westlichen Seite des Dnepr befanden, zurückzuschlagen.

Über den Winter eingegraben

Das ist der über den Winter unveränderte Stand.
Was in den vergangenen Monaten in den Medien zu sehen war, waren lediglich Grabenkämpfe. Die Truppen hatten sich eingegraben, die Front war „eingefroren“.

Das strategisch unwichtige Städtchen Bachmut hat sich in dieser Zeit zur russischen Knochenmühle entwickelt. Weil Russland, vor allem durch die Söldner der Wagner Gruppe, bis heute versucht auf Zwang dort weiterzukommen. Mit einem Raumgewinn von wenigen Metern pro Tag, die mit enormen Verlusten erkauft werden.
Westliche Nachrichtendienste und Militärs messen die russischen Gefallenen seit mindestens Februar nicht mehr in Mann, sondern in Hektar für die Gräber.
Ähnliche Versuche gab es auch andernorts, beispielsweise in Wuhledar. Mit ähnlichen Ergebnissen.

Bei einem Angriff geht man von einem Kräfteverhältnis von 3:1 aus. Der Angreifer muss um das Dreifache überlegen sein, wenn der Angriff erfolgreich sein soll.
In einer Verzögerung muss die Überlegenheit vier- bis sechsfach sein. Also wenn der Verteidiger bereit ist beispielsweise sich von einem Acker zurückzuziehen um dann von vorbereiteten Stellungen aus wieder anzugreifen bzw. zu verteidigen.
Im Häuserkampf geht man von einem Verhältnis von 8:1 bis 10:1 aus.
Ähnliches gilt dann, wenn der Verteidiger sich in Stellungen „eingegraben“ hat. Und das ist das, was wir bei Bachmut und in anderen Orten sehen. Die Ukraine muss nicht nach vorne, sie musste nur abwehren was kommt.

Gelieferte Waffen auf Reserve

Nun endet die Matsch-Saison. Inzwischen sind viele der westlichen Waffen geliefert worden.

Wichtig für eine Einschätzung ist zu verstehen, dass bisher nur die Waffensysteme wirklich zum Einsatz kamen, die in der Situation auch von Nutzen waren. Beispielsweise die Panzerhaubitzen und die Raketenartillerie HIMARS.

Die gelieferten Leopard II und die von den USA gelieferten Bradley kamen noch nicht großflächig zum Einsatz.
Es scheint so zu sein, dass die Ukraine diese Waffensysteme in der „Reserve“ hält, bis sie ein entsprechendes Potential angehäuft haben und die Verhältnisse für diese Waffen gut sind.

Brückenkopf bei Cherson

Es wäre naheliegend, dass die Ukraine versuchen würde, von Saporischschja aus nach Melitopol im Süden vorzustoßen. Zumal südlich davon eine Förde wiederum die Entfernung bis zum Schwarzen Meer verkürzt. Und Melitopol ist wohl noch stark umkämpft, es werden Partisanenkämpfe gemeldet.

Doch seit Sonntag mehren sich die Hinweise, dass die Ukraine einen Brückenkopf bei Cherson genommen hat. Die Angaben wurden bereits durch russische MilBlogger bestätigt und mit genauen Angaben nachgewiesen. Im Westen wird jedoch nur verhalten berichtet, um die die Vorbereitung für eine mögliche Gegenoffensive nicht zu gefährden. Einige OSINT rufen Medien sogar auf, nicht detailgenau zu berichten.

Ein Brückenkopf bedeutet, einen Fluss wie den Dnepr zu überschreiten und auf der feindlichen Seite Stellungen einzurichten. Dadurch können größere Truppenverbände geschützt werden, wenn sie den Fluss überqueren.
Für ein Ablenkungsmanöver ist so etwas eigentlich zu aufwändig. Da man für so etwas die besten Einheiten schickt. Und die Pioniere dann das Übersetzen gewährleisten müssen. Beides sind hochspezialisierte Kräfte, die man nicht einfach mal zur Ablenkung einsetzt.

Vielleicht werden die nächsten Tage mehr Informationen bringen.

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