Von der Dummheit, Torten und Querdenkern

Langeweile-Philosophie am Sonntag

Sie kennen diese Langeweile? Die plötzlich da ist und alles andere erstickt? Wie eine depressive Antriebslosigkeit.

Ich könnte für die Arbeit lesen. Ich könnte zum Privatvergnügen lesen. Ich könnte zocken. Ich könnte meinen übergewichtigen, insgesamt eher rotten und aufgebrauchten Körper mal raus bewegen. Ich könnte etwas Leckeres kochen.
Gut, aus der Altglas-Nummer bin ich raus, da darf man sonntags nichts einwerfen. Strike. Aber ich könnte Rechnungen schreiben. Doch nicht einmal der Reiz des eingehenden Geldes übt eine Verlockung aus.

Stattdessen schreibe ich einen Beitrag für diesen Blog. Den sicher Dutzende lesen werden. Und der in Anbetracht des geöffneten Langeweile-Biers eine gute Chance auf einen Pulitzerpreis haben wird. Da ich reiner Wirkungstrinker bin und es nicht bei einem bleiben wird.
Wie dumm ist das denn bitte? Man, was für ein Vollidiot.

Initialzündung waren übrigens einige Diskussionen auf Facebook. Nachdem ich unter dem täglichen Achtuhr-Hashtag #solltetihrwissen das Zitat von Heidi Kastner veröffentlicht habe:

„Die Dummheit hat aufgehört sich zu schämen.“

Adelheid „Heidi“ Kastner, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie

Es hatte bei mir Eindruck hinterlassen, weil es der Kern vieler meiner Überlegungen war. Sie hat es ausgesprochen.
Da mein Weltbild für viele eh schwer zu verstehen ist, kann ich ja vielleicht den ein oder anderen zum Nachdenken anregen. Dann haben sich das Bier und die Prokrastination ausgezahlt.
Dumm wiederum, dass die anschließende Beweihräucherung, wie unfassbar schlau ich bin, Biertrinken und Schreiben einen psychischen Benefit in meinem Hirn verknüpfen wird. Wir sehen uns dann im Entzug. Oder vor Gericht.

Dummheit ist die Abwesenheit von Intelligenz. Und es ist schon eine verworrene Sache mit der Intelligenz.

Die Definition von Intelligenz

Es gibt keine wissenschaftliche Definition für Intelligenz.
Im allgemeinen Verständnis ist Intelligenz die Fähigkeit, Problemlösungen zu finden und die Herausforderungen seiner Umwelt meistern zu können.

Im Grunde ist Intelligenz ganz simpel. Die Menge der Hirnzellen – aber nach neueren Erkenntnissen vor allem die Verknüpfungen der Hirnzellen – bestimmen den Grad der Intelligenz. Sie kann geübt und trainiert werden.

Ich selber habe durch zwei unfallbedingte Schlaganfälle ein Daumenspitze-großes abgestorbenes Hirngewebe. Doch im Laufe der Jahre haben andere Hirnzellen die Funktion übernommen, neue Verknüpfungen wurden gebildet und meine Intelligenz hat nicht sonderlich gelitten.
Gut, bis auf die Tatsache, dass ich sonntags aus Langeweile Blog-Beiträge schreibe und Bier… lassen wir das.

Jedem bekannt ist der berühmte Intelligenzquotient. Der versucht, den Grad an Intelligenz zählbar zu machen.
Das ist ein grundsätzliches Problem der Psychologie. Die sich immer weiter Richtung empirische Wissenschaft bewegt. Wie soll man Gefühle, Meinungen oder deren Ursprung zählbar machen?
Der Intelligenzquotient ist also nur ein Versuch. Ein State of the Art. Wie Wissenschaft grundsätzlich immer nur den Stand des derzeitigen Wissens abbildet, keine allgemeinen Wahrheiten. (Sollte man angesichts von Corona vielleicht öfter mal deutlich machen.)

Kraft oder Geld sind austauschbar

Daher bin ich eher ein Anhänger der Theorie der multiplen Intelligenzen. Was nicht bedeutet, dass alle anderen Theorien scheiße sind. Das ist kein Rockerclub, wo man Leuten mit anderer Kutte aufs Maul haut. Es ist eine Abwägung.

Da ich eh in die Selbstkundgabe rutsche – ich hole mir noch ein Bier – ein persönliches Beispiel:
Ich habe etwa zwei Meter und in meiner lang vergangenen Jugend Football gespielt. Das weckt bei den meisten Menschen bereits ein Bild.
In meinem Team war auch ein Vietnamese. Soweit ich mich erinnere etwa 1,34 groß. (Ich werde ihm den Beitrag schicken.) Ich stand in der Line und gehörte dort zu den Schnellen. Er war Running Back. Ich hätte Bankdrücken mit ihm machen können. Und doch war er in seinem Job grandios. So schnell, so klein, so wuselig, er war kaum zu stoppen.
Niemals hätte ich seinen Job machen können. Das bedeutet Team. Jeder bringt das ein, was er kann.
Wieso sollte man mich nun mehr achten, als diese Kampfameise? Das ist unlogisch.

Das liegt – aus evolutionspsychologischen Effekten, die wir niemals ausmerzen können – daran, dass unsere Gesellschaft „groß und stark“ als etwas Erstrebenswertes bewertet. Weibchen paaren sich lieber mit Macht. Kraft oder Geld sind austauschbar.

Und genau so läuft es bei der Intelligenz.
Ein Maurer kann einen Meister machen und sich auf Restaurationen von historischen Gebäuden spezialisieren. Die Lizenz zum Gelddrucken. Einen Professor für embryonale Stammzellenforschung – oder einen, der sonntags scheinbar furchtbar schlaues Zeug schreibt obwohl es reine Idiotie ist – sehen wir trotzdem als intelligenter an.
Das Problem daran ist, dass beide im Job des jeweils anderen grandios verkacken würden.

Der Kimputer und die Intelligenztorte

Diese Diskrepanz ist auch denen bewusst, die sich mit Intelligenzforschung beschäftigen. Man kann nur abgleichen, was alle zu gleichen Teilen wissen müssten. Und dann untereinander vergleichen.

Die Theorie der multiplen Intelligenzen sagt, dass es nicht den einen Intelligenzquotienten gibt. Sondern unterschiedliche Intelligenzen. Bekannt geworden durch den gleichnamigen Bestseller ist die emotionale Intelligenz.

Stellen wir uns die Intelligenz als eine Torte vor.
Wir konzentrieren uns in unserer Einschätzung – oder besser unserer Fehleinschätzung – auf die Größe der Torte. Und verschiedene kulturell anerzogene Indikatoren.
Aber jedermanns Torte hat ja verschiedene Stücke. Beispielsweise ein rein logisches Stück, ein sprachliches Stück, ein bildliches und räumliches Stück (Frauen und Einparken *zwinkersmiley) oder eben das erwähnte emotionale Stück.
Diese Stücke können unterschiedlich groß sein. Und sie können erlernt werden.

Laurence Kim „Kimputer“ Peek konnte 12.000 Bücher auswendig. Pro Doppelseite brauchte er etwa sieben Sekunden, wobei sein linkes Auge die linke Seite und sein rechtes Auge die rechte Seite erfasste. Doch hätte man Kim Peeks an einer Telefonzelle in seinem Viertel abgestellt, hätte er nicht nach Hause gefunden. Er war die Vorlage für den Film „Rain Man“, mit Dustin Hoffman in der Titelrolle.

Seine Tortenstücke in einem Bereich waren so groß, dass er alle anderen weit übertraf. Dafür waren seine Tortenstücke in anderen Bereichen so gering, dass er trotzdem als geistig behindert eingestuft wurde.

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