Geschichtsklitterung: Netflix und die schwarze Kleopatra

Schwarz ist das neue Cash Cow

Photo: Netflix

Natürlich habe ich etwas dagegen, dass Kleopatra von einer Schwarzen gespielt wird. Genau wie gegen die unsinnige Diskussion schon wieder.
Es geht nicht um Hautfarbe, es geht um sozio-kulturellen Kontext. Es ist mir egal, ob Kleopatra schwarz, grün oder orange dargestellt wird.

Jada Koren Pinkett Smith hat zwei Dokumentationen produziert.
Das ist übrigens die Frau von Will Smith. Die hier zulande eher für ein Augenrollen bekannt ist, als für ihr filmisches Schaffen.

Die hat sich wohl schon etwas länger auf die Fahne geschrieben, „Empowerment“ für schwarze Frauen zu betreiben. Deshalb hat sie nun die zweite „Dokumentation“ produziert, die als Serien mit dem Titel „African Queens“ vermarktet werden. Was im Amerikanischen auch eine positive Wertung erhält. Europäer wissen, dass viele Königinnen genauso Arschlöcher waren wie Könige. Es schwingt etwas Romantisierendes mit.

Um es vorweg zu nehmen: Die meisten schwarzen US-Amerikaner wissen weder, dass seit tausenden Jahren auch Europäer versklavt wurden (auch von Afrikanern bzw. Arabern), noch dass für die Versklavung in Afrika vor allem Araber und Schwarze verantwortlich waren. Vor allem portugiesische und niederländische Händler haben schlicht ein lukratives Geschäft aus dem Handel gemacht. Aber europäische Kaufleute sind wohl kaum mit 30 Mann Schiffsbesatzung in funktionierenden afrikanischen Staaten auf Sklavenfang gegangen.

Dennoch hat Jada Pinkett Smith ihren ersten Film über Nzinga (Njinga) gemacht. Einem weiblichen Warlord im nördlichen Angola. Die die Macht an sich riss und dafür vermutlich ihren Halbbruder hatte vergiften lassen. Später verhandelte sie mit den portugiesischen Besatzern, wofür sie kurzerhand zum Katholizismus übertrat. Um eine bessere Verhandlungsposition zu haben.
Zu Reichtum kam sie vor allem auch dadurch, dass sie Menschen aus dem eigenen Volk und Kriegsgefangene an portugiesische Händler verkaufte.

Vor diesem Hintergrund also: Warum sollte ich mir so etwas angucken? Eine Dokumentation zur Motivation schwarzer Frauen, die sich ausgerechnet eine „African Queen“ zur Heldin stilisiert, die maßgeblich aus dem Sklavenhandel profitiert hat? Warum sollte ich mich durch 4 x 45 Minuten arbeiten, nur um herauszufinden, ob dieser Aspekt korrekt dargestellt wird? Im Teaser und den ersten 10 Minuten ist nur von den bösen Portugiesen die Rede.

African Queens: Kleopatra

Am 10. Mai soll nun die zweite Dokumentation herauskommen. Über Kleopatra.
Und nun regen sich alle darüber auf, dass Kleopatra von einer schwarzen Schauspielerin dargestellt wird.

Als wenn das das einzige Problem an dieser Geschichtsklitterung wäre. Aufgesetzte, pseudo-woke (ja, ich muss den Begriff leider verwenden) Diskussionen über Nebensächlichkeiten, geboren aus der Ideologie zweier Lager, die sich anschreien anstatt ein Geschichtsbuch aufzuschlagen.

„Einst, vor langer Zeit, regierten Frauen mit unvergleichlicher Macht. Als Kriegerinnen, Königinnen, Landesmütter. … Kleopatra tat alles, um ihr geliebtes Land vor der Zerstörung zu retten.“

Trailer „Queen Cleopatra“, Netflix

Also zunächst war Kleopatra nicht mächtig.
Erst regierte sie gemeinsam mit ihrem Bruder und Ehemann Ptolemaios Nummer 13. Zu der Zeit gab es immer wieder Stress mit den Gabinianern, einer römischen Truppe, die vor allem aus Galliern und Germanen bestand. Ägypten war von außen durch die Parther (Iran) bedroht. Dann verschwindet Kleopatra aber aus den offiziellen Aufzeichnungen, was bedeutet, dass sie von der Regierung ausgeschlossen wurde. Ihr Bruder war minderjährig, die Macht hatten also augenscheinlich andere.
Daraufhin heuert sie arabische Söldner an und zog gegen ihren Bruder in den Krieg. Sicher nicht als „Kriegerin“, mehr so bezahlende Auftraggeberin.

Ausgerechnet da tauchte dann Pompeius Magnus auf, der im römischen Bürgerkrieg vor Caesar auf der Flucht war. Ptolemaios ließ ihm den Kopf abschneiden und präsentierte ihn Caesar. Pompeius war übrigens Caesars ehemaliger Kumpel und Verbündeter.
Caesar war über die Einmischung in römische Angelegenheiten aber „not amused“ und ließ sich einfach mal auf dem Thron nieder.

Wa(h)re Liebe

Daraufhin sprang Kleopatra in Caesars Bett. Der lange verheiratet und bummelig 31 Jahre älter war. Zwischen den Ägyptern unter Ptolemaios Nummer 13 und den Römern kam es zum Alexandrinischen Krieg. Auf der Flucht ertrank Ptolemaios im Alter von 14 Jahren.
Kleopatra wurde neue alte Regentin von Caesars Gnaden.
Allerdings war Kleopatra in Alexandria so unbeliebt, dass Caesar drei Legionen abstellen musste, um sie zu beschützen.
Ihren Sohn von Caesar nannte sie Ptolemaios Kaisar. Der erste Name stand für die griechische Herkunft, der zweite für die römische. (Kaisar ist die korrekte Aussprache von Caesar).

Im Jahr 46 v. Chr. reiste sie dann nach Rom, den gemeinsamen Nachkommen im Gepäck. Zu der Zeit war sie bereits mit ihrem noch jüngeren Bruder Ptolemaios Nummer 14 verheiratet.
Da sie sich in Rom niederließ, stieß das beim römischen Adel auf wenig Begeisterung. In deren Augen war sie wohl höchstens eine machhungrige Konkubine aus einem Vasallenstaat.
Ihre Schwester Arsinoë wurde in einem Triumphzug von Caesar vorgeführt. Danach wurde sie ins Exil in den Tempel von Ephesos geschickt, heute Türkei, eines der sieben Weltwunder.

Dann wurde Caesar aber ermordet. Und so stand Kleopatra wieder ohne alles da. Sie kehrte nach Ägypten zurück. Kurz darauf starb ihr Ehemann und Bruder im Alter von 15 Jahren. Die meisten Historiker gehen davon aus, dass er von Kleopatra vergiftet wurde.

Als nächstes sprang sie mit Marcus Antonius ins Bett. Der kämpfte um die Nachfolge Caesars gegen Octavian, dem späteren ersten Kaiser Augustus. (Caesar war nie Kaiser. Schock.)
Den überredete sie, ihre Schwester Arsinoë im Exil in Ephesos Hinrichten zu lassen. Im Alter von Mitte Zwanzig. Nur so zur Sicherheit.

Es kam dann noch zu einigen Scharmützeln, dramatischen Szenen in Alexandria und zum Selbstmord. Wobei die Details von Legenden überschattet werden.

Wie Kleopatra aussah, auf der nächsten Seite:

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