Wie Russland verkackt

Militärische Perspektive. Für Dummies.

Schwellenland Russland. Nicht Weltmacht Sowjetunion.

Material in Stand zu halten kostet Geld.
In den 1990ern habe ich Video-Aufnahmen von ehemaligen sowjetischen Kriegshäfen gesehen, in denen die Kriegsschiffe vor sich hin rosteten. Genau wie der Flugzeugträger Kusnetzow, den wir aufgeklärt haben. Es liefen Hunde an Oberdeck herum.
Der Kommandant eines Flieger-Geschwaders wurde für einen Fernsehbericht interviewt: Er musste die Schweine des Nachbarn versorgen, damit er etwas vom Speck abbekam. Ein vergleichbarer Posten wurde zu der Zeit in Deutschland leicht fünfstellig besoldet.

Der Zerstörer Slawa (Moskwa), Flagschiff der großen
vaterländischen Flotte, während einer raucht.

Und genau das ist es, was an der öffentlichen Wahrnehmung offenbar völlig vorbeigelaufen ist. Denkt man an Russland, denkt man an die Sowjetunion. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.

Der Irrtum ist aber auch völlig nachvollziehbar. Die USA haben die mit Abstand höchsten Militärausgaben der Welt. Danach folgt China. Und dann kommt erst einmal lange nichts. Russland rangiert auf Platz fünf, knapp vor Frankreich und Deutschland. Die Zusammen weit mehr ausgeben. Selbst Großbritannien und Indien liegen vor Russland.

Russland sitzt auf dem Militärschrott der Sowjetunion und soll die ehemals größte Landstreitmacht der Welt mit einem geringeren Etat als Indien am Laufen halten? Das kann nicht funktionieren.

Geklaut, was nicht niet- und nagelfest ist

Hinzu kommt die unfassbare Korruption. Von Russland-Trollen wird gerne eingeworfen, die Ukraine sei das korrupteste Land Europas. Das ist gleich doppelt falsch. Zum ersten beeinflussen die Daten der hyperkorrupten Regierung vor der Revolution Euromaidan 2014 die Daten. Die viele hierzulande gar nicht wahrgenommen haben. Denn im Grunde ist die Ukraine seitdem im Krieg. Und zum zweiten ist das mit Abstand korrupteste Land Europas Russland. Auch davor schon gewesen.

Es wird geklaut, was nicht niet- und nagelfest ist.
Oder wie sonst will man sich erklären, dass Putin, der Zeit seines Lebens im Grunde Beamter war, Milliarden und eine der größten Yachten für über 600 Millionen besitzt? (Ihm werden mehrere Yachten zugerechnet übrigens.)

Und nun: Ein paar Nice To Know

Wozu also die ganze Vorrede?
Damit ein paar Fakten eingeordnet werden können.

» In der Ukraine werden derzeit etwa 10-12 gepanzerte Fahrzeuge pro Tag zerstört. Der größte Panzerhersteller Uralwagonsawod kann aber nur schätzungsweise 60 herstellen. Pro Jahr. Das bedeutet, er schafft pro Jahr das an Nachschub, was in der Ukraine in weniger als einer Woche verbrannt wird.

» Rüstungsbetriebe wie Uralwagonsawod arbeitet derzeit in drei Schichten. Das wurde von der russischen Propaganda veröffentlicht. Durch solche Propagandaaufnahmen wurde jedoch wohl ungewollt öffentlich, dass die gar keine modernen Panzer produzieren. Sondern T-62 aus der „Einlagerung“ fit machen und mit Nachtsichtgeräten versehen. Die T-62 wurden nur bis 1975 produziert. The Drive berichtete bereits im Oktober, dass so 800 dieser Museumsstücke wieder fit gemacht werden sollen. Innerhalb der nächsten drei Jahre.

» Laut ukrainischem Nachrichtendienst wurden inzwischen von der russlandfreundlichen Diktatur Belarus 130 Panzer an Russland abgegeben.

» Es wurde eine „Doomsday Plane“, also ein „Weltuntergangsflugzeug“ der Russen durch die Medien geprügelt. Das Ding wird aber nicht so genannt, weil es den Weltuntergang bringen kann. Sondern weil es ein Kommandostützpunkt ist, der einen nuklearen Schlag überstehen soll. Also ähnlich der bekannten Air Force One. Russland hat mehrere davon.
Eine solche Ilyushin Il-80 musste 2020 gewartet werden. Dabei wurde sämtliche Elektronik gestohlen. Das Ding ist nicht mehr flugfähig.
Da man als Mechaniker nicht einfach Zeug herausschmuggeln kann, liegt es nahe, dass die Elektronik systematisch abgebaut und weggeschafft wurde. Vermutet wird ein organisierter Diebstahl durch hochrangige Militärs.

» Der „hochmoderne“ Kampfpanzer T-14 ist bisher nirgendwo aufgetaucht. Laut der offenen Quellen soll es davon erst 20 Stück geben. Er sollte auch erst 2023 in Dienst gestellt werden.
Die „Armata“ genannte Plattform wird von dem bereits genannten staatlichen Konzern Uralwagonsawod hergestellt. Der derzeit in drei Schichten damit beschäftigt ist, 50 Jahre alte Panzer fit zu machen.

» Die propagandistisch-vollmundig angekündigten neuen Superwaffen sind entweder noch gar nicht da, oder sie verschwinden in der Bedeutungslosigkeit. Die Hyperschall-Raketen sollten eh erst später in Dienst gestellt werden. Und die Ch-47M2 Kinschal ist erstmal nur eins: sehr schnell. Doch wenn man sie nicht nuklear einsetzen will, ist der Kosten-Nutzen-Faktor schlicht absurd. Sie wurde offenbar bereits eingesetzt, ohne nennenswerten größeren Erfolg. Davon ist nur in Fachmedien zu lesen, die Panikmache der Boulevard-Medien ist inzwischen in Vergessenheit geraten. Vermutlich kann Russland gar nicht ausreichend herstellen.

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