Vergleich: Leopard II gegen russische Panzer

Für Dummies

Größer, schneller, satter

Leopard und T-72 haben zwei große Unterschiede. Die das Verhältnis aber insgesamt gut verdeutlichen.

Zum ersten ist der Leopard schwerer und besser gepanzert, aber trotzdem schneller und wendiger. Das wurde durch den Antrieb erreicht und dadurch, dass das Gewicht besser verteilt wurde. Er hat ein Gewicht pro Zentimeter Auflagefläche, das geringer als das eines Menschen ist. Eben weil die Ketten so lang und breit sind. Es geht die Legende, dass er jemandem über den Fuß fahren kann, ohne das da viel passiert. Und deshalb hat er auch einen überraschend kurzen Bremsweg.

Er hat eine Nenngeschwindigkeit von 72 km/h, was schon enorm schnell ist. Ein „Bock“ unserer Kompanie wurde allerdings mit 84 km/h geblitzt. Innerorts. Das ist Rock n’Roll.
Ganz so schnell ist er im Gelände natürlich nicht. Aber wenn man nur kennt, wie ein Jeep sich in Schrittgeschwindigkeit durchs Gelände arbeitet, und dann mal mit einem Leo über die Heide fliegt, ist das schon beeindruckend.

Der T-72 hat eine Nenngeschwindigkeit von 60 km/h. Die bringt er aber selten auf die Straße, und aufs Gelände schon gar nicht. Auch nicht die angeblichen 45 km/h.
Der T-72 schafft es nur auf 19 PS pro Tonne, der Leo auf 24.

Doch da kommt der zweite große Unterschied zum Tragen: Die Waffenanlage.

Willkommen im Computerzeitalter, Ivan

Der Leopard hat einen Bordrechner, der dem Schützen ganz viel abnimmt. Deshalb sieht es da drin auch aus wie in einem Cockpit.

Der Richtschützenplatz des Leopard II A4.
Nicht zu sehen ist das Steuerteil, das wie
ein zweihändiges Pilotensteuer aussieht. (Unten)
(Foto: Sonaz CC BY-SA 2.0 DE)

Beispielsweise ist die Optik des Richtschützen voll stabilisiert.
Das bedeutet, wenn der Richtschütze ein Ziel sieht, ist da nix verwackelt. Er kann es per Laser messen, der Bordrechner macht den Rest. (Dynamischer Vorhalt, Rücksteuerungssystem, Verschleppungsausgleich).
Er muss nur drei Sekunden darauf „zielen“, dann errechnet das Ding die Entfernung, die Geschwindigkeit, die eigene Bewegung, wie weit er vorhalten muss und so weiter. Ist diese „Ziellösung“ da, kann er quasi sofort schießen. Im Grunde könnte er den Steuerknüppel loslassen und das Rohr würde die ganze Zeit auf dem Ziel bleiben.

Der T-72 hat zwar einige solcher Gimmicks. Trotzdem dauert es bei ihm länger. Die Optik ist nur vertikal stabilisiert. Weshalb der Richtschütze die ganze Zeit manuell nachrichten muss. Der Panzer schießt und trifft also immer nur so gut, wie der Richtschütze ist.

Und damit kommen wir zum größten und alles entscheidenden Unterschied: Der Leopard kann das bei voller Fahrt. Egal wie das Gelände ist, egal wie schnell er ist, ob er vorwärts, rückwärts oder seitwärts fährt, ob das Ziel sich bewegt: das Rohr bleibt auf dem Ziel.
Bekannt ist das Video mit dem Glas Bier auf dem Rohr, das bei Fahrt im Gelände nichts verschüttet.

Kein russischer Panzer kann das.
Der T-72 muss bis etwa 20 km/h abbremsen, am besten er bleibt stehen. Und wenn das Ziel sich bewegt, liegt fast alles am Richtschützen.

Die Kavallerie muss reiten

Und genau das sieht man auf den Aufnahmen der getroffenen Panzer in der Ukraine. Stehende Panzer sind ein gefundenes Fressen. Die Kavallerie muss reiten. So geht Kampfpanzer heute.

Die russischen Panzer werden aber noch so eingesetzt, wie sie in den 1960ern eingesetzt wurden. Sie fahren zur Unterstützung in eine Stadt, fahren sehr langsam oder bleiben sogar stehen. Wie eine Kanone auf einer Selbstfahrlafette.
Man kennt solche Szenen aus vielen Kriegsfilmen.

Full Metal Jacket: Der M48 steht im urbanen Gelände und schießt noch aus allen Rohren, während Stars and Stripes schon mal filmt. (Bird is the word Szene)

Dabei kommt eine zweite Schwäche zum Tragen: Die genannten russischen Tanks sind von oben kaum gepanzert. Und Waffen nutzen das natürlich aus. Die US-amerikanische Panzerabwehrrakete Javelin fliegt hoch und schlägt von oben in den Panzer ein. Nicht von der Seite.

Andere Waffensysteme schlagen nicht mal mehr in den Panzer ein. TOW, NLAW und andere fliegen über den Tank hinweg und detonieren in ein oder zwei Metern darüber. Die Wucht langt aus, um den Panzer vollständig zu zerstören.

Ukrainische Operator haben inzwischen sogar gelernt, zielgenau mit stinknormalen Drohnen Granaten abzuwerfen. Steht irgendwo ein russischer Panzer mit offenem Luk herum, lassen sie einfach eine Granate hineinfallen. Das war es.
Und die Luken sind häufig offen. Man hat ja keine Klimaanlage.

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